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"Verstörende Kunst" - Diskussionsveranstaltung im WZB Berlin mit Heinz Bude und Michael Hutter

Aktualisiert: vor 4 Tagen


Hutter beklagt in seinem Buch [Anstößige Bilder, 2024 - dort hat er auf S. 58 f. auch unser Buch rezipiert] [ebenso] wie auf dem Podium die Verständnislosigkeit und die Ignoranz, die dem kuratierenden Kollektiv Ruangrupa aus den etablierten deutschen Medien entgegengebracht wurde. „Das wurde wiederum von Ruangrupa unter Rassismus abgehandelt – also jegliche Form der Herabwürdigung, weil sie eben nicht Europäer oder Westler sind. Es wurde dort als Rassismus aufgefasst, aber es ist komplexer als Rassismus. Es ist schlicht ein Nicht-Kennen und auch ein Nicht-Kennen-Wollen der kulturellen Umgangs- und Traditionsformen, die in anderen Gegenden der Welt gängig sind“. [... Hutter] sieht in der Documenta-Debatte einen Vorboten autoritärer Eingriffe in die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit, wie man sie gerade in den Vereinigten Staaten beobachten kann und der mit einer Gewöhnung und Abstumpfung durch hochfrequente Übergriffe einhergeht. „Es werden Breschen geschlagen, über manches regt man sich schon gar nicht mehr auf.“ Die Kunstfreiheit sei schon kein Thema mehr, die Zeit des Ausprobierens vorbei.


[Bude hingegen sieht die postkoloniale Theorie offenbar als geistigen (Mit-)Urheber des 7. Oktober: ] „Da wird gesagt, ja, wir wollen jetzt auch mal mehr Diversität haben. Aber dann sagen doch alle dasselbe, ob sie nun aus Finnland kommen oder aus Guatemala. Alle sind postkolonial, alle haben die Theorien des Siedlungskolonialismus verinnerlicht – die sagen eigentlich alle dasselbe“. Siedlungskolonialismus ist einer der Vorwürfe, mit dem Israel kritisiert wird – eine unzulässige [? die WELT sagt uns nicht, wer über die Zulässigkeit entscheidet] Ausleihe von soziologischem Vokabular, die sich aber global durchgesetzt habe, auch im Kunstbetrieb.

Wir erleben, folgert Bude, also keinen Backlash mit Einschränkungen zuvor erkämpfter Freiheiten, sondern den Niedergang einer Orthodoxie, „das Ende des durchgehenden globalen Kunstsprechs.“ Dem 71-Jährigen zufolge befinden wir uns in einer „Umwälzung“ und in einer „völlig neuen Situation, in der uns diese Begrifflichkeiten überhaupt nicht mehr weiterbringen“. Er sieht weniger einen Backlash als einen neuen Abschnitt im demokratischen Zyklus: „Das ökosoziale Projekt ist in ganz Europa in den letzten Jahren abgewählt worden“.


resümiert:

"Man hätte, so darf man Bude und Hutter wohl verstehen, diesen Eingriff in Kassel unterlassen sollen. Man hätte also der Kunst ihre Freiheit lassen sollen, hätte das Banner von Taring Padi der Kritik aussetzen müssen, anstatt zu versuchen, die Kampfzone durch Rückgriff auf das Recht zu befrieden."


Wir fragen uns: Gibt es außer Nicole Deitelhoff überhaupt noch jemanden, der die Entfernung des Banners von Taring Padi rechtfertigt, wenn selbst FAZ und WELT dazu keine klare Position mehr einnehmen? Ist die Einsicht in die Gefahr eines kulturpolitischen Backlash analog zur Entwicklung in den USA inzwischen größer als die Panik vor einer politischen Straßenkunst, die dazu beigetragen hat, eine Diktatur des Globalen Südens zu Fall zu bringen und deren Unterstützer klar zu kennzeichnen?


Gespannt darf man insbesondere sein, was Wolfram Weimer meint, wenn er seine Amtszeit als Kulturstaatsminister mit der polarisierenden Aussage beginnt, dass er eine offenbar von seiner Vorgängerin verursachte "Schieflage" in der Kulturpolitik zurechtrücken müsse, die dem Antisemitismus Vorschub geleistet habe. Er will die jüdischen Community in Deutschland vor importiertem Anstisemitismus schützen und übersieht, dass diese Community gerade in der Frage der Unterstützung der illiberalen Politik Israels stark zerstritten ist. Tomas Fitzel verweist im DLF Kultur am 7. 5. 2025 auf die vielen israelischen Emigranten in Berlin, die die israelische Politik kritisieren, und urteilt, dass Weimer hier nur der Medienkampagne folgt, die auch von seiner eigenen Mediengruppe betrieben wird.


So schrieb The European am 13. 12. 2025 unter dem Zwischentitel

"Baerbocks irritierendes Abendessen":

"Bundesaußenministerin Annalena Baerbock trifft sich mit Gegnern Israels zum Meinungsaustausch beim Abendessen, wie eine antiisraelische Aktivistin und Journalistin danach auf Instagram veröffentlichte. Demonstrationen, auf denen Israel das Existenzrecht abgesprochen und jüdisches Leben verunglimpft wird, dürfen weitgehend ungehindert stattfinden. Die Freie Universität Berlin (FU) möchte eine Ausstellung über antisemitische Pogrome lieber nicht zeigen, knickt vor Israel-Hassern ein.   

Das Verhalten Deutschlands im UN-Sicherheitsrat, der sich immer wieder kritisch gegen Israel positioniert, während sich die Bundesrepublik Deutschland bestenfalls der Stimme enthält, oder das Schweigen der Bundesregierung zum Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Regierungschef – auch das irritiert. „Niemand steht über dem Gesetz“, sagte Außenministerin Baerbock zum Haftbefehl gegen Benjamin Netanyahu. Eine fragwürdige Einordnung, die auch als Vorverurteilung interpretiert werden kann, die jedoch weitgehend unkommentiert geblieben ist."

Jeder weiß, dass ein Haftbefehl keine Vorverurteilung, sondern eine gerichtliche Anordnung zur Inhaftierung eines Beschuldigten ist, um zu verhindern, dass er flüchtet oder die Strafverfolgung behindert. Die Verurteilung erfolgt erst nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren.





 
 
 

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