Die Biennale setzt da an, wo der Dialog auf der documenta fifteen abgewürgt wurde. Die
verzerrte und falsche Wahrnehmung des auf der documenta abgehängten Bildes von Taring Padi ist eng verbunden mit der verzerrten Wahrnehmung der indonesischen Nachkriegsgeschichte in Deutschland, die sich dramatisch von der Sicht der Indonesier unterscheidet. Indonesien blieb uns trotz der documenta fremd und wir ebenso den indonesischen Künstlern. Diese verabschiedeten sich still mit asiatischer Höflichkeit - ein Schweigen, das man ihnen noch vorwarf. Das Bild hatte uns geholfen, Indonesien besser zu verstehen.
Unsere Erfahrung der Fremdheit gilt auch gegenüber anderen Ländern des Globalen Südens, die nicht nur an inneren Widersprüchen, sondern vor allem durch im verbrecherischer Art und Weise unter Führung der USA in ihrem Dekolonisierungs- und Entwicklungsprozess aufgehalten wurden. Das haben wir in den 1970er und 1980er Jahren oft noch verstanden, und es gab zumindedt zahlreiche Intellektuelle,die uns immer wieder darauf gestoßen haben wie Sartre, Foucault oder Xerrida. Wir verstehen diese Vergangenheit heute kaum mehr, weil die Zeit der kolonialen Interventionen in ihrer brutalsten Form ihrem Ende entgegen zu gehen schien - und weil mit dem Aufkommen der sozialen Medien die sogenannten Intellektuellen ihre Plattformen verloren haben oder verstummt sind.
Die Vergangenheit spiegelt sich aber in Werken der Künstler und Kunstkollektive vieler Länder des Globalen Südens, die - zunehmend elbstbewusst - unsere Vorstellungen von Moderne und Modernisierung einer kritischen Revision unterziehen und versuchen, Gegenmodelle zum westlichen Kunstbetrieb zu entwickeln, allerdings auch in ihn eingesogen werden..
"The Nucleo Storico gathering works from 20th century Latin America, Africa, the Middle East and Asia. Much has been written about global modernisms and modernisms in the Global South, and a number of rooms will feature works from these territories, much like an essay, a draft, a speculative curatorial exercise that seeks to question the boundaries and definitions of modernism. We are all too familiar with the histories of modernism in Euroamerica, yet the modernisms in the Global South remain largely unknown. […]. European modernism itself travelled far beyond Europe throughout the 20th century, often intertwined with colonialism, and many artists in the Global South traveled to Europe to be exposed to it […]."
War es bisher Aufgabe der documenta, die vom westlichen Kunstbetrieb hervorgebrachten Innovationen immer wieder neu zu erklären, versagte angesichts der Aufgabe, die Kunst des Globalen Südens, die nicht so leicht lesbar, also naiv ist, wie viele Kritiker meinen, einem breiteren Publikum zu erklären. Vielleicht ist die Biennale erfolgreicher.
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