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Die Cancel Culture ist humorlos. Interview mit Jonathan Meese

Autorenbild: Hans-Jürgen WeissbachHans-Jürgen Weissbach

Aktualisiert: 23. Sept. 2024


Dazu auch Konrad Paul Liessmann am 11. August 2020 in der NZZ:


Hemmungslose Humorlosigkeit – die Kultur wird zur ironiefreien Zone

Satire zu verbieten und Humor zu verbannen, gehört zum wichtigsten Arsenal selbstgefälliger Weltverbesserer. Die Attitüde der moralischen Überlegenheit wirkt dabei aber selber unfreiwillig komisch.

Konrad Paul Liessmann (Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien):


"Der Humor hat es in Zeiten der «cancel culture» nicht leicht. Nach den Medien wird auch die Kultur zunehmend zur ironiefreien Zone. In dieser dürfen nur noch Witze gemacht werden, bei denen niemand etwas zu lachen hat, weil jedes Wort brav den Massstäben der politischen Korrektheit entspricht. [...] So witzig wie die ehrbare Deutsche Forschungsgemeinschaft, immerhin seit hundert Jahren die Gralshüterin wissenschaftlicher Exzellenz, war die Realität aber schon lange nicht.

Ein erbetenes Statement des Kabarettisten Dieter Nuhr im Rahmen der DFG-Kampagne «Für das Wissen entscheiden» zuerst auf die Website zu stellen, dann aufgrund von Protesten zu löschen, dann mit warnendem Beipacktext wieder ins Spiel zu bringen, um es nach gegenläufigen Protesten dann doch zu akzeptieren: Man fragt sich, was in den Köpfen von Wissenschaftsbürokraten eigentlich vorgeht. Und all das, weil Nuhr einmal einen übrigens ziemlich guten Witz über Greta Thunberg gemacht hatte und seine Videobotschaft, die vor unreflektierter Wissenschaftsgläubigkeit warnen will, entfernt daran erinnert. Diese Realsatire offenbart die geheimen Wünsche der Wissenschaftspolitik: Der Geist soll an die ideologische Kandare genommen werden. Die an vielen Universitäten forcierten «Ethik-Screenings» dienen wohl ebenfalls diesem Zweck."


Julian Nida-Rümelin zur Genese der Cancel Culture aus einer Rechtskultur, die den Beleidigungsparagraphen nicht kennt:


"Die Cancel Culture kommt in den USA eher von links. Und es gibt da einen interessanten Hintergrund, der mir bis vor kurzem nicht bewusst war. In den USA existiert der Straftatbestand der Beleidigung nicht. Man kann dort eine dunkelhäutige Person mit dem N-Wort beschimpfen, ohne dass das rechtliche Folgen hat. Nur wenn diese Beleidigung Nachteile für das Eigentum hat, kann jemand angeklagt werden. Dass dann eine Political-Correctness-Bewegung entsteht, die bestimmte Regeln kulturell durchsetzen will, ist eigentlich selbstverständlich. Doch diese Grundhaltung, die einen respektvollen Umgang will, schlägt dann um in eine Praxis des Deplatformings, die sich gegen unliebsame Stimmen oder Meinungen richtet. [...] Und das, was die Linken anfangen, können die Rechten immer noch brutaler und rücksichtsloser." https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/542672/dieser-westliche-triumphalismus-ist-ein-grosser-selbstbetrug/ Erstveröffentlichung: Berliner Zeitung vom 4. November 2023

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